Am 24. Oktober 2020 trafen sich gut 15 Mitglieder und Freunde des Ethnobiologie Netzwerk Schweiz zum informellen Besuch des Obstsortenmarktes im Botanischen Garten der Universität Zürich. Leider musste das Mostfest auf der Wynegg wegen Corona abgesagt werden und Degustationen von Obstprodukten an den Ständen waren nur eingeschränkt möglich. Trotzdem war es schön, sich wieder mal zu treffen und den Botanischen Garten, insbesondere den neuen Heilpflanzengarten, zu besuchen.
Die Präsentation der riesigen Diversität an Obstsorten und -Produkten ist jedes Jahr von neuem sehr eindrücklich.
Zum ersten Mal wurde im
12. Jahrhundert im Kräuterheilkundebuch Macer floridus von der
Meisterwurz als «ostruthium» erzählt. In der griechischen Literatur wurde sie
nirgends eindeutig erwähnt. Darum geht man davon aus, dass sie nördlich der
Alpen ihren Ursprung als Heilpflanze fand. Nebst deutschsprachigen Quellen
findet man auch in den skandinavischen Regionen und auf den britischen Inseln Aufzeichnungen
über die Meisterwurz.
Die Pflanze wurde früher
hoch geschätzt. Paracelsus hatte zum Beispiel immer ein Stück Rhizom bei sich,
für alle Fälle. Ihre Bedeutung spiegelt sich in ihren Namen wider, sie heisst
Meisterwurz, Kaiserwurz oder Imperatoria (lat. «kaiserlich»), wobei sie in der
Schweiz «Stränze» oder «Hoorstränze» genannt wird. Die Herkunft des Names Astrenze
ist nicht ganz gewiss, es könnte sich um eine abgewandelte Form des Wortes
Magistrantia (lat. «meisterlich» für Magister) handeln, welches auch in mittelalterlichen
Kräuterbüchern verwendet wurde. Heute gehört der Name Astrantia einer anderen
Gattung der Doldenblütler.
Hildegard von Bingen
schrieb der Meisterwurz wärmende Qualitäten zu nach der galenischen Säftelehre.
Sie soll innerlich wärmend und anregend wirken und gegen Fieber helfen. Der Schweizer
Arzt Paracelsus aus dem 16. Jh. schrieb: «Meisterwurz ist auch der fürnehmsten
Kräuter eins so zu vielen Gebrechen dienlich“. Er brauchte die Pflanze als Mittel
für die Leber und gegen Gelbsucht oder als Schutz gegen die Pest. Mönch Odo von
Meung bezeichnete sie im Macer floridus sogar als Universalheilmittel. Denn Sie wurde auch
als Mittel bei Husten, Atembeschwerden, Zahnschmerzen und Infektionskrankheiten
beschrieben. Die Blätter können direkt auf Wunden gelegt werden, wohingegen für
die innerliche Anwendung das Rhizom benutzt wird als Aufguss, Tinktur oder mit
Wein gekocht. Die Meisterwurz war auch ein wichtiges Mittel gegen die Maul- und
Klauenseuche der Nutztiere. Schlussendlich kann man sagen, dass die Pflanze in
der Volksmedizin als das beste Mittel gegen Ansteckung betrachtet wurde. Aus
diesem Grunde wurde sie auch als Schutz gegenüber Hexen und anderem Übel
gebraucht. So wurde sie zum Beispiel in Graubünden in der Johannisnacht
ausgegraben und über den Türrahmen gelegt, um das Vieh und sich selbst vor Verhexungen
zu schützen. Im Tirol wurden die Räume während der Weihnachtszeit ausgeräuchert,
indem man die getrockneten Rhizome anzündete. Die Pflanze wurde auch gerne in
der Pfeife geraucht.
Die Meisterwurz war einst eine hoch geachtete Heilpflanze, welche ein breites Anwendungsgebiet in der Kräuterheilkunde fand. Diese Hochachtung widerspiegelt sich auch in ihrer Verwendung als magisches Mittel gegen grosse damalige Ängste wie der Hexe oder der Pest. Heute ist in der breiten Bevölkerung die Meisterwurz als Heilpflanze in Vergessenheit geraten, trotzdem wird sie in vielen Alpenregionen noch immer geschätzt und gebraucht.
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